History
April 1952 Der Flugplatz Mengen, dessen Gelände (153 ha) 1939/40 für den Bau eines Einsatzflughafens der ehemaligen Luftwaffe angekauft wurde, ist seit 1945 von den Franzosen beschlagnahmt und seit dieser Zeit von der französischen Luftwaffe belegt. Die Franzosen überlegen den Ausbau der Starbahn für den Betrieb mit modernen Düsenflugzeugen.
Ursprünglich war der Ausbau in Richtung Herbertingen vorgesehen, mit dem Ende der Startbahn nur ca. 2 km vor der dortigen Umspannstation. Die Gebäude und die 220-kV-Leitung erwiesen sich jedoch als zu hoch (für den Betrieb mit Propellerflugzeugen), und die Kosten für eine Umlegung des wichtigen Umspannwerkes, in dem Hochspannungsleitungen aus Bludenz und Tiengen mit fünf 55-kV-Mittelspannungsleitungen zusammentreffen wären mit DM 25 Mio. oder mehr zu hoch (die RWE, ein Hauptteilhaber an dem Werk wurde erstmals am 20.02.52 von den Plänen informiert). Zuletzt war eine Schwenkung der Einflugschneise im Gespräch.
Weitere Hindernisse für einen Ausbau sind die 1951 mit erheblichen Mitteln umgebaute B 32 und die Eisenbahnlinie, die beide hart nördlich des Flugplatzes verlaufen.
Über die Pläne entscheidet die für Flugplätze zuständige Dienststelle der Franzosen in Bad Ems.
Mail 1952 Die Franzosen teilen mit, dass sie angesichts der Schwierigkeiten vorläufig auf den Ausbau des Flugplatzes verzichten.
1953 Laut Bericht der Erkundungsgruppe Süd besaß das Rollfeld Mengen (1.100 x 900 m) eine feste Grasnarbe. Die Start- und Landebahn (1.500 x 80 m) befand sich in einem guten Zustand, ein Erweiterungsstück (200 x 50 m) war im Unterbeton fertig. Technische Einrichtungen und ausreichende Unterkünfte fehlten. Eine Erweiterung ist nur nach Osten auf 2100 m möglich, im Westen beeinträchtigt der Missionsberg die notwendige Hindernisfreiheit; im Osten befindet sich ein Umspannwerk mit Freileitung.
Januar 1955 Der örtliche Fliegergruppe weist darauf hin, dass seit 22.11.54 auf dem Flugplatz angeblich eine Panzerschule der französischen Streitkräfte eingerichtet sei. Umfangreiche Schäden auf der Rollringbahn seien bereits eingetreten. Die Gruppe sieht darin eine Gefährdung künftiger Aktivitäten.
Der Flugplatz Mengen wird auch im Zusammenhang mit dem von der amerikanischen Luftwaffe geplanten Auflockerungsprogramm genannt.
März 1955 Die Franzosen teilen mit, dass nur leichte Radkraftfahrzeuge von Fahrschulen den Flugplatz befahren und bisher keine Schäden angerichtet haben. Zivile schwere Lastwagen hingegen, die inzwischen gewohnheitsmäßig die Flugplatzstraßen befahren, sollten den Platz meiden.
April 1955 Frankreich will die Flugplätze Mengen (um 24 ha),
Laupheim (um 147 ha) und Hailfingen (=Herrenberg, um 93 ha) vergrößern und dafür auch Land beschlagnahmen. Außerdem sollen eventuell auch zwei Flugplätze in Rheinland-Pfalz erweitert werden. Angeblich handelt Frankreich im Auftrag des Interalliierten Oberkommandos. Am 04.05.55 werden die Plätze in Rheinland-Pfalz bekannt gegeben:
Mainz-Finthen (um 15 ha) und
Niedermendig (um 28 ha).
05.05.1955 Der Truppenvertrag tritt in Kraft. Außer im Geheimhaltungsfall gemäß Art. 20 können die Besatzungsmächte nur noch im Benehmen mit den deutschen Behörden Baumaßnahmen durchführen.
Mai 1955 Frankreich beantragt offiziell die Vergrößerung des Flugplatzes Mengen um 24 ha, vorwiegend am östlichen Ende.
Die Amerikaner haben ihre Pläne bezüglich Mengen wieder aufgegeben. Angeblich handelte Frankreich bei den Planungen zur Erweiterung in Mengen,
Laupheim und Hailfingen auf Veranlassung der USA im Rahmen deren Auflockerungsprogramms.
Juni 1955 Die Franzosen bauen ohne Absprache mit den deutschen Behörden auf dem Flugplatz mehrere große Treibstofftanks und verlängern die Startbahn um 600 Meter.
Das Land Baden-Württemberg fordert die Einstellung der Bauarbeiten.
Juli 1955 In einem Zeitungsbericht wird die Situation auf dem Flugplatz Mengen beschrieben. Kurz vor dem Einmarsch der Franzosen im April 1945 seien noch die wichtigsten Teile des Flugplatzes gesprengt worden. Dann sei der Platz mehr und mehr verwahrlost. Seit dem 25.05.55 fänden jedoch Ausbauarbeiten für einen künftigen Düsenjägerbetrieb statt. In diesem Zusammenhang sei eine spätere Übernahme durch die neu aufzustellende deutsche Luftstreitkräfte geplant. Inzwischen sollen die Düsenjäger-Plätze Mengen und
Friedrichshafen als Ausweichplätze für
Bremgarten fungieren. Die Startbahn werde von z.Zt. 1.700 x 80 m vermutlich auf 2.000 x 45 m erweitert.
Zuständig für die Arbeiten ist die „Mission des grandes travaux aéronautiques“ im Hotel Stefanie in Baden-Baden.
Die Franzosen haben mitgeteilt, dass die Bauarbeiten vor dem 05.05.55 begonnen wurden und dass Frankreich hierbei im Auftrag der NATO und nicht auf Grund eigener Wünsche handle. Es sei weder die Errichtung von Kasernen noch eine Einstellung der Arbeiten vorgesehen, aber die Arbeiten würden auf bereits beschlagnahmtes Gelände beschränkt.
August 1955 MdB B. teilt mit, dass der Baubeginn erst am 12.05.55 stattgefunden habe und dass weder Land noch Kreis informiert gewesen seien. Über den Ausbau habe man vielmehr durch Radio Moskau erfahren!
Vertreter von BMVg und BMFin besichtigen den Flugplatz „von den umliegenden Höhenzügen aus“, da ihnen das Betreten des beschlagnahmten Geländes nicht ermöglicht worden sei. Die „Besichtigung“ ergibt, dass die Bedingungen, wie sie für den Ausbau von NATO-Flugplätzen gelten, in Mengen nicht zu erfüllen seien. Der Missionsberg liege mit 608 m Höhe 54 m über dem Rollfeldbezugspunkt und stelle ein unüberwindliches Hindernis dar. Außerdem sei eine Verlängerung der Startbahn nur auf maximal 2.100 m möglich.
September 1955 Die Bauarbeiten sind in letzter Zeit noch beschleunigt worden. Auf der Südseite sollen Flugzeughallen errichtet werden. Im Erweiterungsgelände (nach Osten hin) wurden auch Vermessungsarbeiten durchgeführt. Russische Offiziere sollen in voller Uniform auf dem Platz gewesen sein und bei den Bauarbeitern versucht haben, Informationen einzuholen, sowie Fotos gemacht haben.
Trotz großem Druck gelingt es nach einer Besprechung über Flugplatzkriterien bei SHAPE den deutschen Delegierten nicht mehr, den Ausbau von Mengen zu erörtern, da derartige Sonderfälle vorher rechtzeitig angemeldet werden müssten.
Inzwischen werden auch Abstelltrauben gebaut. Das Rollfeld soll angeblich auf 1.500 x 600 m erweitert werden.
Dezember 1955 Trotz Intervention bei SHAPE wird der Ausbau fortgesetzt.
Januar 1956 Übersicht über im Bau befindliche oder geplante Maßnahmen:
- Verlängerung der Startbahn um 200 m;
- 11 neue Flugzeugabstellplätze;
- Munitionslager;
- Zufahrtsweg zur Radarstation;
- 2 große Tankanlagen mit vier Behältern je 100.000 l.
Februar 1956 SHAPE widerspricht der Darstellung, dass die Arbeiten in Mengen von SHAPE veranlasst wurden und fordert von AIRCENT die Aufklärung der Angelegenheit.
März 1956 Die Baumaschinen haben den Platz verlassen. Aber laut Pressebericht soll im Frühjahr eine zweite Bauphase beginnen. Dann sollen unter anderem die Hochspannungsleitung verkabelt sowie Flugzeughallen, Unterkunftsräume und eine Spezialwerkstatt errichtet werden.
Frankreich gibt seine Darstellung der Ereignisse ab. Danach habe das BMVg im November 1955 sein Einverständnis zu Verbesserungsarbeiten der Infrastruktur in Mengen gegeben, und zwar im Rahmen eines Auflockerungsprogramms der französischen Luftstreitkräfte. Dieses Einverständnis sei an die Bedingung geknüpft gewesen, dass Frankreich kein zusätzliches Gelände beanspruche. Frankreich bittet um Zustimmung, dass Mengen unter dieser Voraussetzung als für die Auflockerung zur Verfügung stehendes Gelände angesehen und in dieser Eigenschaft in seinem derzeitigen Zustand genutzt werden könne.
April 1956 Versuch zur Aufklärung des Geschehens:
- 4 ATAF wandte sich an AIRCENT und forderte auf dem Kommandowege Unterstützung gegenüber der Bundesrepublik, um die Verlängerung der Piste von 1.700 auf 2.050 m vornehmen zu können.
- Es gibt bereits ein zweiseitiges Einverständnis zwischen der französischen Luftwaffe und dem BMVg. Für erneute Verhandlungen habe die französische Luftwaffe allerdings keine Zeit.
- Im März 1956 verlautete jedoch, dass Mengen als operativ nutzbarer NATO-Flugplatz gestrichen werde. Dies müsse aber noch von SHAPE bestätigt werden. Unklar ist noch, welcher Platz als Ersatz für Mengen in Frage komme.
- Im Oktober 1955 soll ein Offizier aus dem BMVg gegenüber den Franzosen erklärt haben, dass das BMVg einer Verbesserung des Flugplatzes Mengen zwecks Verwendung als Auflockerungsplatz nicht widerspreche, falls die Franzosen keine zusätzlichen Geländeansprüche stellten.
Frankreich beabsichtigt keine weiteren Baumaßnahmen, bittet aber, Mengen im jetzigen Zustand als Auflockerungsplatz (und nicht zum ständigen Einsatz) zur Verfügung zu stellen.
Gemäß Entscheidung von SHAPE ist Mengen als NATO-Flugplatz gestrichen. Ersatzflugplatz ist St-Jean in der Auvergne, so dass kein Platz in der Bundesrepublik gefordert wird.
Mai 1956 Die Bundesrepublik stimmt dem französischen Wunsch vom April zu, falls der Betrieb mit Düsenjägern in Friedenzeiten unterbleibt. Im übrigen wird Mengen aller Wahrscheinlichkeit nach in Zukunft von Deutschland genutzt werden.
Januar 1957 Das BMVg plant, Mengen für die Unterbringung eines Luftwaffen-Ausbildungsregiments (LwAusbRgt) und als Arbeitsplatz für die Flugzeugführerschule (FFS)
Memmingen mit Hubschraubern und Kleinflugzeugen zu verwenden. Das LwAusbRgt in einer Stärke von drei Btl = 12 Kp (= 2.200–2.400 Mann) soll eine Kaserne auf dem südlichen Teil des Platzes erhalten. Gesucht wird noch ein entsprechendes Übungsgelände. Im Gespräch sind die StOÜbPl Pfullendorf oder Sigmaringen.
Der Kasernenneubau würde ca. DM 35 Mio., davon 5 Mio. noch im Jahr 1957 kosten.
Erkundung des Platzes durch den LwPiStab Süd. Vorhanden sind:
- zwei Unterflur-Tankanlagen je 400 cbm in sechs Behältern (entspricht NATO-Norm);
- eine Werfthalle mit einer Fläche von 1.400 qm plus Anbauten;
- drei kleine Hallen;
- eine Transformatorenstation;
- ein Munitionslager im westlichen Teil mit einem Betonbunker 125 x 125 m unter Erdaufschüttung (dieser behindert den Flugbetrieb auf der Quer-Wind-Landebahn und muss abgerissen werden).
Februar 1957 Die deutschen Behörden haben die Freigabe des Flugplatzes Mengen beim Oberkommandierenden der französischen Streitkräfte in Deutschland (F.F.A.) beantragt.
Die Franzosen (1 CA.TAC) sind bereit, Mengen an die Bundeswehr zu übergeben.
März 1957 Mengen soll ab 15.04.57 als Arbeitsplatz für die FFS „S“
Memmingen gebutzt werden.
30.03.1957 Der Flugplatz wird von der Bundeswehr übernommen.
Arpil 1957 Für die Unterbringung der Bataillone des LwAusRgt Süd (künftig 4) werden verschiedene Standorte überprüft: Mengen, Stetten, Messkirch, Bonndorf und Staufen.
Juni 1957 Mengen wird der Luftwaffe als Arbeitsplatz zugewiesen
August 1957 Die Planung ist seitens Fü L geändert worden. Das LwAusbRgt 4 soll nun auf den
Flugplatz Leipheim.
September 1957 Die ersten Militärischen Infrastrukturforderungen (MIF) für Mengen werden versandt. In der End-Stationierung sind jetzt ein Geschwaderstab und zwei fliegende Staffeln vorgesehen.
Oktober 1957 Der Flugplatz soll für 4-5 Jahre als Arbeitsplatz der FFS Memmingen zur Verfügung stehen. Daher sind ca. 500 Flugschüler (statt 2 Btl LwAusbRgt) in einem Gebäude auf dem Nordteil unterzubringen.